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26.03.2019

DMG: Risiko von Starkregen deutlich unterschätzt

Neueste Erkenntnisse zu Extremwetter und Klimaforschung und Stickoxiden stellten zahlreiche Wissenschaftler auf der DACH 2019 vor, der bedeutendsten Fachtagung für Meteorologie im deutschsprachigen Raum.

Starkregen - Symbolbild 
Quelle: (c) panthermedia.net / Ivan Tykhyi Quelle: (c) panthermedia.net / Ivan Tykhyi

Auf der 7. Tagung der Meteorologischen Gesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH2019) präsentieren und diskutieren mehr als 450 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die neuesten Erkenntnisse und Fragen aus allen Bereichen der Meteorologie sowie der Klimaforschung. Die Tagung fand vom 17. bis 22. März 201 9 in Garmisch-Partenkirchen statt.

Neue Risikoeinschätzung für Starkregen durch Auswertung von Radardaten

Starkniederschläge zählen zu den folgenschwersten Wettererscheinungen. Dem genaueren Verständnis und der verbesserten Risikoeinschätzung kommt heute eine besonders hohe Aufmerksamkeit zu. Prof. Dr. Gerhard Adrian, Präsident des Deutschen Wetterdienstes (DWD), betont die Bedeutung der Tagung der drei meteorologischen Gesellschaften: “Der Fortschritt in der Meteorologie und Klimatologie hängt heute von internationaler Kooperation, Interdisziplinarität und dem regelmäßigen Erfahrungsaustausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ab. Diese Zusammenarbeit trägt entscheidend dazu bei, dass wir unseren Auftrag erfüllen können, die Bevölkerung vor Wettergefahren wie Starkregen oder Sturm zu warnen und auf die Klimaveränderung vorzubereiten.“

Eine zentrale Aufgabe des DWD ist die Analyse und Vorhersage von Wetterextremen. „Die Auswertung von Radardaten zeigt, dass wir bei der Bewertung der Naturgefahr Starkregen in einigen Regionen von einer neuen Gefährdungslage ausgehen müssen,“ berichten Dr. Andreas Becker und Dr. Tanja Winterrath aus der Abteilung Hydrometeorologie des DWD in ihrem Tagungsbeitrag zu neuen radarbasierten Produkten zum präventiven Starkregenrisikomanagement in Deutschland. In der Konsequenz stellten sich die neuen Karten der Starkregengefährdung bei den kurzen Dauerstufen (1 Stunde) bei einer Wiederkehrzeit von 20 Jahren für weite Landesteile nun anders bzw. ausgeglichener dar. „Die Orographie spielt, anders als bisher angenommen, bei Starkregenereignissen dieser oder noch höherer Extremität keine so große Rolle mehr. Das ist ein neues und wichtiges Ergebnis, das die Gefährdungseinschätzung für mehrere Regionen deutlich verändert.“ So müsse zum Beispiel in den Landkreisen Norddeutschlands mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit mit Starkregen gerechnet werden, als bisher angenommen. Dies sei bedeutend, da die Kapazitäten der Siedlungsentwässerung bei einer Wiederkehrzeit von 20 Jahren bei fast allen Städten und Kommunen bereits ausgeschöpft sind. Gleichzeitig ist die hinreichend genaue und rechtzeitige Vorhersage von Starkregen nach wie vor unbefriedigend. „Wir sind bei der Prävention gegen Starkregen ‚auf Kante genäht‘ und daher ausgesprochen anfällig, wenn es um Anstiege und Änderungen im Zuge des Klimawandels geht.“

Veränderung der Großwetterlagen bringt häufiger Hitzesommer

Dipl. Met. Inge Niedek, 1. Vorsitzende der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft (DMG), weist auf die Veränderungen in der Atmosphäre hin, die der Klimawandel inzwischen mit sich bringt, was gerade angesichts der aktuellen Diskussionen um stationäre Wetterlagen von großer Bedeutung für uns ist: „Die über Monate anhaltende stabile Wetterlage im Rekordsommer 2018 scheint auch eine Folge der globalen Erwärmung zu sein.“ Lisa Küchelbacher, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), stellt dazu auf der DACH2019 Untersuchungen zu langfristigen Änderung der planetaren Wellenaktivität in den mittleren Breiten vor und stellt darin fest: „Wir beobachten eine Abnahme der Kältewellen und eine Zunahme der Hitzeperioden auf der gesamten Nordhalbkugel in den mittleren Breiten, aber auch speziell bei uns ins Europa. Diese Systematik lässt sich als Folge der globalen Erwärmung erklären. Neben der Temperatur bestimmt die großräumige atmosphärische Dynamik, die durch die planetaren Wellen beschrieben wird, die Wetterlage. Die planetaren Wellen haben sich oberhalb unserer Wetterschicht bereits deutlich geändert, mit Folgen für das dortige Wetter. Derzeit gehen wir vorläufig davon aus, dass sich diese Änderungen in den unteren Höhenschichten der Atmosphäre in der Zukunft zeigen werden.“

Dipl. Met. Inge Niedek weist darauf hin, dass es aus Sicht der internationalen Forschungsgemeinschaft inzwischen keinen Zweifel mehr an der globalen Erwärmung gibt und auch die Ursachen im Wesentlichen gut eingegrenzt und größtenteils verstanden sind. Oft sind es aber noch weitere Zusammenhänge, wie beispielsweise Feuchteprozesse bei der Wolkenbildung, die zur Intensivierung und Langlebigkeit von Hochdruckgebieten beitragen können und noch genauer auf ihre Wirksamkeit untersucht werden müssen. Generell geben aber „die vielfältigen Forschungsergebnisse im Bereich des Klimawandels, keinen Anlass mehr für grundsätzliche Zweifel.“ Die Zunahme der Wahrscheinlichkeit von Hitze- und Dürresommern stellt inzwischen eine der bedeutendsten Veränderungen des Klimas in Mitteleuropa dar. Niedek: „War bisher oft von Hitzesommern die Rede, so müssen wir möglicherweise mehr von Hitze- und Dürresommern sprechen.“ Stephanie Hänsel, TU Bergakademie Freiberg/Deutscher Wetterdienst, und Andreas Hoy, TU Bergakademie Freiberg, bewerten auf der DACH2019 die aktuellen Hitze- und Dürresommer (z.B. 2003, 2015, 2018) anhand langzeitlicher qualitätsgeprüfter Datenreihen. Stephanie Hänsel: „Wir sehen einen starken Anstieg trocken-heißer Bedingungen, wobei trockene Vorbedingungen im April und Mai und andauernd hohe Temperaturen während der Sommermonate die Intensität auftretender Dürrebedingungen verstärken.“

Wie sich Stickoxide in Städte ausbreiten

Die aktuelle Diskussion zum Thema Stickoxide (NOx) in Städten verdient aus Sicht der Wissenschaft mehr Sachlichkeit. Zur aktuellen Debatte leisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf DACH2019 zahlreiche Beiträge. Dr. Robert Wegener, Forschungszentrum Jülich, stellt neue Ergebnisse vor. Demnach zeigen mobile Messungen, dass Schadstoffe in Städten sehr heterogen verteilt sind. Wegener unterstreicht dies: „Wir beobachten große Unterschiede in den Konzentrationen von Stickstoffdioxid, aber auch anderen Schadstoffen wie Ammoniak. Verglichen mit den Konzentrationen an vielbefahrenen Straßen sind die Werte in Nebenstraßen deutlich erniedrigt, oft schon in wenigen Metern Entfernung.“ Tunnelmessungen zeigen, dass die Emission von Stickoxiden im Straßenverkehr auch von der Umgebungstemperatur beeinflusst wird. „Im Winter emittieren Fahrzeuge das Anderthalbfache an Stickoxiden wie im Sommer.“, so Wegener weiter. Außerdem zeigen die Daten den hohen Anteil von LKW-Emissionen an der Gesamtbelastung durch Stickoxide in Innenstädten.

Lesen Sie dies und mehr auf den Seiten des Deutschen Wetterdienstes (während der DACH2019 verliehende Auszeichnungen, Erläuterungen zur DACH-Meteorologentagung und zur Deutschen Meteorologischen Gesellschaft DMG, ...)

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