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17.11.2017

DWD: Das Weinjahr 2017 – Später Frost und frühe Lese

Rückblick auf ein Jahr voller Wetterkapriolen - Kalendarisch ist das Jahr zwar noch nicht zu Ende, doch die Weinbauern ziehen schon eine erste Bilanz: Und die fällt zwiespältig aus. Denn auch in diesem Jahr hat sich wieder gezeigt, dass die Herausforderungen für die Winzer nicht geringer werden. Der Klimawandel eröffnet Chancen, birgt aber auch viele Risiken. Und gerade von letzteren gab es in 2017 wieder eine ganze Menge.

Wetter und Rebentwicklung im Rheingau 2017 
Quelle: DWD Wetter und Rebentwicklung im Rheingau 2017 Quelle: DWD

Wir wollen unseren Rückblick auf das Weinjahr im Rheingau – der tendenziell auch für die meisten anderen deutschen Weinanbau-gebiete gelten kann – mit einer Abbildung untermauern. Darin sind Temperaturverlauf und Verteilung der Regenmengen dargestellt, wie sie an der Wetterstation in Geisenheim / Rheingau gemessen wurden. Ergänzt wird die Grafik durch die phänologi-schen Daten aus dem Eltviller Sonnenberg, ein mit Riesling bestockter Weinberg, der dem Weinbauamt Eltville als Referenz-weinberg dient und von den Beobachtungsdaten seit 1955 vorliegt. In der Abbildung werden die Werte des Jahres 2017 den vieljährigen Mittelwerten gegenüber gestellt.

Zum Jahresablauf: Das Jahr 2017 fing kalt an. Doch schon bald kehrte sich das Bild um: Februar, März und auch die ersten Apriltage waren viel zu warm. Die Natur erwachte früh. Viel zu früh, wie sich bald zeigen sollte. Anfang April betrug der Vorsprung gegenüber einem „Durchschnittsjahr“ (von einem „Normaljahr“ kann man mittlerweile kaum mehr reden) 14 bis 16 Tage.

Als in den Nächten zum 20. und – etwas schwächer – zum 24. April Spätfröste auftraten, waren teilweise heftige Schäden die Folge. Schwerpunkt waren jene Lagen, die aufgrund ihrer geschützten, meist niedrigen Höhenlage besonders weit entwickelt, sprich besonders empfindlich und aufgrund ihrer geringen Hangneigung zugleich kaltluftgefährdet waren. Ein Teil der Ertragserwartungen war damit schon zunichte gemacht, bevor das Weinjahr richtig begonnen hatte.

Nach den Frösten herrschte erst einmal Schockstarre - bei den Winzern und auch bei den Weinreben. Bei deutlich unterdurchschnittlichen Temperaturen, die bis Mitte Mai anhielten, kam die Rebentwicklung in den frostgeschädigten Anlagen kaum, in den übrigen nur schleppend voran.

Ab Mitte Mai wurde es wieder sommerlich, die Rebentwicklung in den vom Spätfrost verschonten Anlagen nahm zügig Fahrt auf. Anfang Juni setzte die Blüte ein – rund 10 Tage früher als im Durchschnitt. Sie nahm einen raschen Verlauf, die Befruchtung der kleinen Blüten erfolgte zu nahezu 100 Prozent (Verrieselungen, d. h. Nichtbefruchtung wurden kaum beobachtet). Dabei ist gerade diese Verrieselung – in Maßen – ein Qualitätskriterium, insbesondere bei der Königsrebsorte „Riesling“ – Nomen est Omen.

Mitte Juni wurde im Wetterfax für den Weinbau, das der Deutsche Wetterdienst gemeinsam mit der Hochschule Geisenheim und dem Weinbauamt Eltville herausgibt, daher schon davor gewarnt, dass wegen der Vielzahl der befruchteten Beeren „zum Herbst hin kompakte Trauben weit verbreitet sein werden und Quetschprobleme, Fäulnis und Qualitätseinbußen vorprogrammiert sind“. Wegen der in der Folge sehr schnellen Rebentwicklung konnten die (Gegen-)Maßnahmen zur Auflockerung der Traubenstruktur kaum einmal umgesetzt werden.

Schon zum Monatswechsel Juli/August wurde bei den ersten Standorten der Reifebeginn beobachtet – wie schon die Blüte mit einem zeitlichen Vorsprung von 10 Tagen. Dann ereignete sich in der Nacht zum 1. August ein verheerendes Unwetter: Mit Hagel und Sturmböen zog ein Gewitter über den Rheingau. Neben Windbruch waren Traubenschäden durch den Hagel das größte Problem - eine Eintrittspforte für die Botrytis (Grauschimmel) war geöffnet. Weil aber in den Folgetagen weitere kräftige Regengüsse über dem Rheingau niedergingen (von Anfang August bis Mitte September fielen örtlich bis zu 150 Liter Regen), trockneten die geschädigten Beeren nicht ein, sondern die Fäulnis wurde massiv vorangetrieben. Neben den Hagelschäden waren es vielfach einzelne Beeren, die zu dicht gepackt waren und sich gegenseitig zerdrückten und zu faulen begannen. Zu allem Übel kam noch Wespenfraß hinzu – in Jahren mit früher Traubenreife (der Klimawandel lässt grüßen!) stellen die süßer werdenden Trauben für die dann noch hoch aktiven Wespen eine besondere Leckerei dar. Die angefressenen Trauben faulen natürlich auch gerne weiter.

Die Folgen stellten die Winzer vor schwierige Entscheidungen: Die frühe Fäulnis erzwang entweder eine frühe Lese, um nicht noch weitere Ertragsverluste zu riskieren. Dass diese Trauben dann keine Spitzenweine bringen würden, war klar. Denn nur Trauben, die lange reifen, können auch hochwertige Qualitäten bringen. Zwischen Blüte und Lese (Ernte) sollten mindestens 100 Tage Reifezeit liegen, damit neben Zucker (das ist in Zeiten der Klimaerwärmung nicht mehr das Problem) auch Aromastoffe produziert und in die Beeren eingelagert werden können. In Spitzenjahren liegt die Reifezeit bei 120 bis 130 Tagen.

Die andere Alternative – das „oder“ zum obigen „entweder“: Wer seine Trauben länger hängen lassen wollte, musste eine – zeitaufwändige – negative Selektion vornehmen und die faulen Trauben herausschneiden, dies zum Teil in mehrfacher Wiederholung. Im Ergebnis gab es dann qualitativ hochwertige Weine, allerdings lag die Menge deutlich unter den Erwartungen. Gerade aber für die Spitzenweingüter, die im nationalen wie internationalen Wettbewerb stehen, war das aber unerlässlich, eben solche Spitzenweine anbieten zu können. Hier laute die Devise: Klasse statt Masse! Denn wer einmal in den meinungsmachenden Weinführern durchgefallen ist, braucht Jahre, um sich von diesem „Imageschaden“ zu erholen. Dann doch lieber weniger Menge, aber höhere Qualität.

Dies ist eine gekürzte Fassung des DWD-Berichts. Den vollständigen Bericht finden Sie hier:

Download des Berichts “Das Weinjahr 2017 – Später Frost und frühe Lese" von den Seiten des DWD (PDF)

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