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28.07.2017

DWD: Einordnung der Stark- und Dauerregen in Deutschland zum Ende eines sehr nassen Juli 2017

In der letzten Woche bis einschließlich 26. Juli 2017 führten Gewitter mit Starkregen und Dauerregen zu Überschwemmungen und Hochwassern in Teilen Deutschlands. Die rein meteorologische Extremität erreichte durchaus das Niveau der Ereignisse, die zum Elbehochwasser 2002 führten. Die Ereignisse zeigen erneut die Bedeutung der Großwetterlage Tief Mitteleuropa und die Notwendigkeit eines verbesserten vorbeugenden Hochwasserschutzes. Durch KOSTRA-Extremwertanalysen und die klimatologische Auswertung der Radardaten der vergangenen 16 Jahre trägt der DWD zu einer genaueren Identifizierung besonders gefährdeter Regionen zur besseren Vorsorge bei. Die weitere Digitalisierung historischer Beobachtungen verlängert und vergrößert die Datengrundlage für statistische Auswertungen, auch im Hinblick auf den Einfluss des Klimawandels auf hochwasser-generierende Stark- und Dauerniederschlagsereignisse.

72-stündigen Niederschlagshöhen bis zum 27.07.2017, 07.50 Uhr 
Quelle: Deutscher Wetterdienst 72-stündigen Niederschlagshöhen bis zum 27.07.2017, 07.50 Uhr Quelle: Deutscher Wetterdienst

Bis Ende Mai diesen Jahres waren Dürre, Trockenheit und Waldbrandgefahr die für Deutschland bestimmenden Themen, wenn es um Extremwetter im Jahre 2017 geht. Im Juli 2017 sind dagegen extreme Niederschläge gefallen, sowohl eher kleinräumige und intensive Starkregen, als auch die gerade zu Ende gegangenen extremen unwetterartigen Dauerregen. Sie führten zu Überschwemmungen und Hochwassern in Teilen Deutschlands. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat diese jetzt in einem Bericht unter dem Titel "Ersten hydro-klimatologischen Einordnung der Starkregen und Dauerregen in Deutschland zum Ende eines sehr nassen Juli 2017" beschrieben und eingeordnet.

Die Schwerpunkte lagen im Umfeld des Harzes, Südniedersachsen, Nordhessen, Nordthüringen, Sachsen-Anhalt und zum Ende auch am Nordrand des Schwarzwaldes und am Alpenrand in Bayern. Erneut betroffen waren auch Vorpommern, Berlin und Brandenburg.

Die höchsten 24 und 48h-Summen verzeichnete die Station Eckertalsperre (Niedersachsen) mit 153,0 mm am 25.07. und 253,7 mm inklusive dem Vortrag, relativ dicht gefolgt von der Station Brocken (Sachsen-Anhalt) mit 121,2 mm am 24.07. und 238,2 mm inklusive dem Folgetag. Tagessummen von mehr als 100 mm sind im Sommer durchaus möglich und der deutschlandweite Rekord von 312 mm in Zinnwald vom 12.08.2002 im Kontext des ersten Elbejahrhunderthochwassers wurde bei weitem verfehlt.

Wiederkehrzeiten der 72-stündigen Niederschlagshöhen 
Quelle: © Deutscher Wetterdienst Wiederkehrzeiten der 72-stündigen Niederschlagshöhen bis zum 27.07.2017, 07.50 Uhr Wiederkehrzeiten der Niederschlagshöhen (nach KOSTRA-DWD-2010), die in den 72 Stunden bis zum 27.07.2017, 07.50 Uhr MESZ gefallen waren Quelle: © Deutscher Wetterdienst

Für die kleinräumigen Überschwemmungen wie in Artern am 25.07.2017 waren eher die stündlichen Niederschlagsmengen (hier 40mm/h) relevant. Die stündlichen Niederschlagsmengen der meisten Gewitter an diesem Tag hatten aber selten Wiederkehrzeiten von über zehn Jahren. Selbst bei den Tagesniederschlägen wurde auch im Harzumfeld selten die 50-Jährlichkeit überschritten. Nur sehr lokal wurde für die Dauerstufe 24 h die 100-Jährlichkeit überschritten. Die in Punkto Jährlichkeit bzw. Seltenheit relevanteste Dauerstufen waren in dem Zeitraum 48h und vor allem 72h, für die im Harzumfeld verbreitet die 100 Jahre Wiederkehrzeit überschritten wurde (siehe Abbildungen).

Die rein meteorologische Extremität erreicht durchaus das Niveau der Ereignisse, die zum Elbehochwasser 2002 führten. Für das Wirkgeschehen war auch beim aktuellen Ereignis die Vorberegnung ein verschärfender Faktor. Ob ein Niederschlagsereignis zu Überschwemmungen führt, hängt jedoch von vielen weiteren Faktoren ab.

Erneut ist in der Zeit der intensivsten Niederschläge (24.-26. Juli) über Deutschland die Wetterlage Tief Mitteleuropa aufgetreten. Diese Großwetterlage war sowohl für die Sturzfluten in Braunsbach und Simbach im Spätfrühjahr 2016 als auch für die Jahrhunderthochwasser 2002 und 2013 verantwortlich. Klimamodelle projizieren bis zum Jahr 2100 ein deutlich vermehrtes Auftreten dieser Wetterlage von aktuell 9 auf bis zu 17 Tage im Jahr.

Um einen Einfluss des Klimawandels, und hier insbesondere der globalen Erwärmung zu überprüfen, gilt es die Hypothese, dass durch den Klimawandel die Intensität und Häufigkeit von Starkniederschlägen zunehmen wird, zu überprüfen. Während der Zusammenhang zwischen Temperatur und Wasserdampfgehalt tatsächlich auch klar durch Satellitenmessungen nachgewiesen wird, ist der Zusammenhang Wasserdampfgehalt versus Niederschlag deutlich komplexer. Der DWD wirbt daher bei dieser Fragestellung für eine differenzierte Betrachtung.

Zur Erfassung von Intensität und Häufigkeit von Starkniederschlägen ist eine in Raum und Zeit hoch-auflösende Niederschlagserfassung notwendig, wie sie der DWD flächendeckend mit Hilfe seines Radarverbundes und dank der Automation seines Niederschlagsmessnetzes seit Januar 2001 betreiben kann. Extremwertstatistische Auswertungen des DWD weisen über diesen Zeitraum tatsächlich für klein-räumige konvektive Ereignisse auf eine Steigerung hin. Allerdings sind diese Ergebnisse mit einer Zeitbasis von 16 Jahren noch nicht hinreichend belastbar für eine generelle Aussage, dass das allgemein anerkannte Prozessverständnis zur Beschleunigung des hydrologischen Kreislaufes aufgrund der globalen Erwärmung messtechnisch nachgewiesen ist. Im Fazit ist von einem Einfluss des Klimawandels auszugehen, aber der messtechnische Nachweis ist noch nicht vollständig erbracht.

Insgesamt betrachtet entsprechen sowohl die Dürreperiode von Januar bis Mai als auch die im Anschluss geschehenen extremen Niederschlägen dem Szenario eines extremeren Niederschlagsgeschehens in Deutschland, wie es der Weltklimarat in seinem fünften Sachstandbericht aufgrund des Klimawandels bereits 2014 prognostiziert hat.

Zur "Ersten hydro-klimatologischen Einordnung der Starkregen und Dauerregen in Deutschland zum Ende eines sehr nassen Juli 2017" auf den Seiten des DWD (PDF, 14 Seiten, ca. 2,2 MB)

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