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15.01.2021

Fledermäuse versetzen Körper bei Hitze in eine Art Mini-Winterschlaf

Anpassung an den Klimawandel im Tierreich

Die steigenden Temperaturen durch den Klimawandel bedrohen das Leben zahlreicher Tierarten. Ein Forschungsteam des Fachbereichs Biologie der Universität Hamburg hat herausgefunden, dass manche Fledermäuse ihren Körper bei hohen Temperaturen in einen winterschlafähnlichen Zustand versetzen, um diesen vor Überhitzung zu schützen. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Proceedings of the Royal Society B“ erschienen.

Fledermaus, die kopfüber an einem Ast hängt 
Quelle: Bild der Universität Hamburg/Reher Wenn es auf Madagaskar tagsüber sehr warm wird, verfallen die Fledermäuse der Spezies Macronycteris commersoni in eine Art Winterschlaf Quelle: Bild der Universität Hamburg/Reher

In tropischen Gegenden stellen extreme Temperaturen kleine Säugetiere vor große Herausforderungen, da ihre Körper gegen Überhitzung und übermäßigen Wasserverlust ankämpfen müssen. Während die Körpertemperatur des Menschen um die 37 Grad Celsius pendelt, regulieren sich die Tiere zwischen 32 und 39 Grad. Wenn ihre Temperatur mehr als 41 Grad beträgt, kann es für sie lebensgefährlich werden. Aufgrund häufigerer und intensiverer Hitzewellen durch den globalen Klimawandel steigen die von den Säugetieren erlebten Maximaltemperaturen seit einigen Jahren stetig an. Bereits in der Vergangenheit haben Hitzewellen zu mehreren Massensterben geführt, etwa von Flughunden in Australien.

Ein Forschungsteam des Fachbereichs Biologie hat in Feldstudien im Westen Madagaskars nun eine neuartige physiologische Reaktion von Fledermäusen im Umgang mit diesen hohen Temperaturen beobachtet. Die tropische Fledermaus Macronycteris commersoni verwendet eine Überlebensstrategie, die in der Regel nur mit Kälte oder Nahrungsmangel einhergeht: Torpor. Es handelt sich dabei um einen winterschlafähnlichen Zustand, der bei einigen Säugetieren und Vögeln vorkommt. Dabei werden Stoffwechsel- und Energieumsatzprozesse des Körpers automatisch auf ein Minimum gesenkt. Die Tiere verharren in einem Zustand der körperlichen Starre und stellen gewisse Funktionen komplett ein, beispielsweise das aktive Kühlen des Körpers.

„Die von uns beobachteten Fledermäuse hängen tagsüber nicht in Höhlen oder anderen Unterschlüpfen, sondern im Wald. Dadurch sind sie gerade um die Mittagszeit hohen Temperaturen ausgesetzt. An warmen Tagen mit um die 34 Grad Celsius wechselten sie zwischen dem normalen Ruhestoffwechsel und kurzen, bisher unbekannten, Mikro-Torpor-Phasen, die zwischen drei und 53 Minuten dauerten“, sagt Stephanie Reher, Autorin der Studie und Doktorandin in der Arbeitsgruppe „Funktionelle Ökologie“ von Prof. Dr. Kathrin Dausmann. Dieses Muster trat während der gesamten Ruhephase von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf.

Einerseits können die Individuen so Energie und Wasser sparen, andererseits sind sie immer noch wachsam und können auf Bedrohungen reagieren. An besonders heißen Tagen, wenn die Außentemperatur die normale Körpertemperatur übertraf, dehnten die Fledermäuse ihre Torpor-Phasen auf bis zu 436 Minuten am Stück aus und tolerierten dabei Körpertemperaturen von bis zu 42,9 Grad Celsius. Für die Untersuchungen nutzten die Wissenschaftlerinnen kleine Sender, die den Tieren angelegt wurde, um die Hauttemperatur zu erfassen. Außerdem bestimmten sie den Sauerstoffverbrauch bei 16 erwachsenen Fledermäusen und konnten so auf die Stoffwechselrate und den Energieverbrauch schließen.

 „Torpor könnte eine lebenswichtige Reaktion sein, um in zunehmend heißen und trockenen Regionen zu überleben, insbesondere im Zuge des fortschreitenden Klimawandels“, sagt Reher. Es ist jedoch auch eine risikoreiche Reaktion, da die torpiden Fledermäuse nicht so einfach aus diesem Ruhezustand herauskönnen. Steigt die Umgebungstemperatur über einen tödlichen Schwellenwert, ist es den Tieren zum Beispiel nicht ohne Weiteres möglich, aktiv die Körpertemperatur zu senken, etwa durch das Wechseln des Aufenthaltsorts oder durch das Befeuchten der Unterarme. Vielmehr würde das Erhöhen des Stoffwechsels körpereigene Wärme produzieren, die die Körpertemperatur noch weiter erhöhen würde.

„Ob Torpor als Hitzereaktion bei Tieren auch in gemäßigteren Zonen auftritt, können wir aktuell nicht sagen“, sagt Prof. Dr. Kathrin Dausmann. „Unsere Entdeckung sollte jedoch weitere Untersuchungen über die Reaktionen anderer Arten anregen, die in Zeiten der globalen Erwärmung jetzt schon nahe ihrer thermischen Grenzen leben.“

Lesen Sie dies und mehr auf den Seiten von Uni Hamburg (Informationen, Links, Kontakt, …)

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