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06.12.2019 16:00 Uhr

Neue Klimadaten dank kompaktem Alexandritlaser

Höhere Atmosphärenschichten werden für Klimaforscher immer interessanter. Bereiche oberhalb von 40 km sind allerdings nur mit Höhenforschungsraketen direkt zugänglich. Ein LIDAR-System (Light Detection and Ranging) mit einem diodengepumpten Alexandritlaser schafft jetzt neue Möglichkeiten. Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Atmosphärenphysik (IAP) und des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT entwickeln ein System, das leicht zu transportieren ist und autark arbeitet. Damit kann in Zukunft ein LIDAR-Netzwerk kontinuierlich und weiträumig Daten aus der Atmosphäre liefern.

Alexandritlaser 
Quelle: Mit einem diodengepumpten Alexandritlaser reduzieren sich Baugrößen und Energiebedarf des LIDAR-Systems um den Faktor 100. Quelle: Mit einem diodengepumpten Alexandritlaser reduzieren sich Baugrößen und Energiebedarf des LIDAR-Systems um den Faktor 100.

Der Klimawandel ist in diesen Tagen ein heißes Thema. Eine wichtige wissenschaftliche Grundlage zum Verständnis der Phänomene sind valide Modelle zur Temperatur- und Windverteilung in der Atmosphäre. Messungen in der oberen Stratosphäre bis zur Thermosphäre (30-120 km) sind dabei nur schwer zu erfassen. Ein bodengestütztes LIDAR-System bietet nun einen neuen Zugang.

Seit den neunziger Jahren leistet das IAP in Kühlungsborn mit selbstentwickelten LIDAR-Systemen Pionierarbeit in der Erforschung der Mesosphäre. Mit einem blitzlampengepumpten Alexandritlaser füllte das System allerdings einen kompletten Schiffscontainer. Sein Einsatz war auch durch hohen Energieverbrauch und eine komplexe Justage limitiert.

Durchbruch mit einem diodengepumpten Alexandritlaser

In langjährigen bilateralen Projekten und mit einer Förderung durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR im Projekt ALISE haben die Experten vom IAP gemeinsam mit dem Fraunhofer ILT in Aachen ein neues LIDAR-System entwickelt. Es hat die Größe einer Waschmaschine und arbeitet dank des innovativen Laserdesigns praktisch wartungsfrei. Neben dem Volumen wurde auch der Energieverbrauch um den Faktor 100 gesenkt und liegt jetzt unter 500 Watt.

Kernstück des neuen Systems ist ein diodengepumpter Alexandritlaser, der am Fraunhofer ILT entwickelt wurde. Das System bietet eine hohe räumliche sowie zeitliche Auflösung und in den anvisierten Höhen sind präzise Messungen möglich.

Im Rahmen des DLR-Projekts haben Experten bei Airbus die Weltraumtauglichkeit des Lasers bewertet. Das Gesamtsystem wurde erfolgreich auf Laborlevel getestet und auf das Technology Readiness Level (TRL) 4 eingestuft. Die Komponenten des Lasers, die kompatibel mit der am Fraunhofer ILT entwickelten FULAS-Plattform für Laser im Weltraumeinsatz sind, erfüllen sogar TRL 6 – was einer Validierung unter realistischen Einsatzbedingungen entspricht.

Mit 3D-Druck zum LIDAR-Netzwerk

Außerhalb des Lasers wurde zur Halterung der optischen Komponenten eine neue Technologie angewandt, die zum Patent angemeldet ist: Die Optiken werden dabei in spezielle Kunststoffhalter geklemmt. Diese sind Teile ganzer Module, die mit einem 3D-Drucker besonders kostengünstig hergestellt werden. Die Module sind in einen Instrumententräger integriert, der sich ebenfalls zu großen Teilen additiv fertigen lässt.

Das erste der kompakten LIDAR-Systeme bauten die Wissenschaftler im Oktober 2019 auf. Bis Ende 2020 werden drei weitere Systeme fertiggestellt. Ziel ist der Aufbau eines Netzwerks von LIDAR-Systemen für das VAHCOLI-Projekt – VAHCOLI steht dabei für »Vertical And Horizontal COverage by LIdar«. Mit dem LIDAR-Netzwerk sollen in dem Projekt erstmals dreidimensional zeitaufgelöst Wind- und Temperaturfelder in der mittleren Atmosphäre vermessen werden.

Weltweit sind Messkampagnen geplant

Für die weitere Entwicklung der LIDAR-Systeme mit dem Alexandritlaser wurde am IAP im September 2019 eine neue Halle eingeweiht. Dort lassen sich nicht nur mehr Systeme der VAHCOLI-Reihe bauen, sondern auch weiterentwickelte Strahlquellen vom Fraunhofer ILT – zum Beispiel mit einem erweiterten Wellenlängenbereich für UV-Messungen – erproben.

Mit dem am IAP entwickelten Verfahren für Temperaturmessungen anhand von Eisenatomen (386 nm) wurden erstmals Temperaturen im polaren Sommer in der Antarktis genau bestimmt. Aufgrund der Möglichkeit, die Wellenlänge des Lasers über einen weiteren Bereich (ca. 720–810 nm) durchzustimmen, lassen sich zukünftig viele weitere wichtige Mess-Wellenlängen erreichen.

Gegenwärtig wird mit den kompakten LIDAR-Systemen die Kaliumlinie bei 770 nm für die Messungen in der Atmosphäre genutzt. Damit sind Messkampagnen unter anderem in den Polarregionen geplant. Mit der neuen, besonders stabilen Lasertechnik wird darüber hinaus eine Vielzahl von Messungen möglich, zum Beispiel auf Flugzeugen, um die Verteilung von Vulkanstaub in der Atmosphäre zu messen oder mittelfristig auch satellitenbasiert, um globale Klimadaten zu sammeln.

Lesen Sie dies und mehr auf den Seiten des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik (ILT) (ausführliche Informationen, Links, Downloads, Kontakt, …)

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