Deutsches Klimaportal - Klimadienste für Deutschland

22.08.2018

GEOMAR: Bedeutung des „Ozeanwetters“ für Ökosysteme

Biologen warnen davor, sich nur auf Studien langfristiger Änderungen zu beschränken - Der Klimawandel beeinflusst in zunehmendem Maße auch die Ozeane: Temperatur und Meeresspiegel steigen, der Säuregrad des Meerwassers nimmt zu, der Sauerstoffgehalt verringert sich. Diese Prozesse haben auch einen Einfluss auf die marinen Ökosysteme und werden deshalb intensiv untersucht. Eine internationale Gruppe mariner Ökologen warnt aber davor, nur den Einfluss dieser langfristigen Änderungen („Ozeanklima“) zu betrachten. Insbesondere rasche Fluktuationen physikalischer, chemischer und biologischer Faktoren haben einen sehr großen Einfluss auf die Lebewelt im Meer. Dieses „Ozeanwetter“ wird extremer, ist aber in bisherigen Studien kaum berücksichtigt, so die Forschenden.

Seetang ohne und unter dem Einfluss einer Hitzewelle 
Quelle: Martin Wahl, GEOMAR Seetang (Fucus) ohne (links) und unter dem Einfluss einer Hitzewelle in einem kontrollierten Benthokosmen-Experiment. Quelle: Martin Wahl, GEOMAR

Der Klimawandel verändert unseren Planeten, zwar stetig, aber langsam, manchmal kaum wahrnehmbar, insbesondere im Ozean laufen diese Prozesse noch langsamer ab. In den Studien zu den Auswirkungen des Klimawandels auf marine Ökosysteme stehen diese schleichenden Änderungen im Vordergrund, zwei Grad Erwärmung in 100 Jahren oder das Absinken des ph-Wertes um 0.1 - 0.2. Aber es gibt auch zunehmend starke und schnelle Schwankungen, denen die Meeresumwelt ständig ausgesetzt ist, die jedoch in den bisherigen Untersuchungen kaum eine Rolle spielen. Dabei haben sie ein beträchtliches Potenzial, die Folgen des Klimawandels zu modellieren – zu puffern oder zu verstärken. Deshalb fordert ein internationales Team von marinen Ökologen, diese rapiden Schwankungen in zukünftigen Studien mit einzubeziehen. Der Beitrag der Gruppe, an dem auch zwei Forschende des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel mitwirkten, ist jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Nature erschienen.

Ein Grad höhere Wassertemperatur in den Tropen kann schon darüber entscheiden, ob es zu einer Korallenbleiche kommt oder nicht. Auf der anderen Seite kann die Wassertemperatur innerhalb eines Tidenzyklus in Küstennähe um bis zu 10 Grad schwanken. „Marine Ökosysteme sind auf unterschiedliche Art und Weise an so rasche Schwankungen, die wir das ‚Ozeanwetter‘ nennen, angepasst“, sagt Prof. Dr. Martin Wahl, Leiter der benthischen Ökologie am GEOMAR und Ko-Autor des Beitrags. „Diese Stresstoleranz der Organismen und wie diese sich unter Fluktuationen verschiebt, wird aber bei vielen Experimenten zum Klimawandel nicht berücksichtigt. Zum Teil ist dies auch schwierig, da nutzbare Beobachtungsdaten fehlen und entsprechende Experimente sehr anspruchsvoll sind“, so Professor Wahl weiter. Oft steht nur eine vom Satelliten gemessenes Meeresoberflächentemperatur zur Verfügung, die nur eine Information über den obersten Millimeter der Wassersäule wiedergibt, mit einer groben horizontalen Auflösung. „Die kleinskalige und für Organismen relevante Welt ist ganz anders, und es ist wichtig herauszufinden, welche Auswirkungen die raschen Schwankungen auf Tiere und Pflanzen im Meer haben“, ergänzt Dr. Tamar Guy-Haim vom GEOMAR, ebenfalls Ko-Autorin der Studie.

„Dafür benötigen wir mehr hochaufgelöste Daten zur Umweltvariabilität über möglichst lange Zeiträume, aber auch anspruchsvollere Experimente“, fordert Prof. Wahl. Eine Studie zu einem globalen Temperaturanstieg von zwei Grad sei auch in der Atmosphäre wenig aussagekräftig, wenn die regionalen Veränderungen, aber auch saisonale Schwankungen und Extremereignisse nicht betrachtet werden. So würden sich im langfristigen Trend Dürren, wie wir sie im Moment hierzulande erleben, gar nicht abbilden, diese hätten aber drastische und langfristige Auswirkungen auf die Ökosysteme, so Prof. Wahl abschließend.

Fachpublikation:

Bates, A., B. Helmuth, M. T. Burrows, M. I. Duncan, J. Garrabou, T. Guy-Haim, F. Lima, A. M. Queiros, R. Seabra, R. Marsh, J. Belmaker, N. Bensoussan, Y. Dong, A. D. Mazaris, D. Smale, M. Wahl, G. Rilov, 2018: Biologists ignore ocean weather at their peril. Nature 560, 299-301, doi: 10.1038/d41586-018-05869-5

Lesen Sie dies und mehr auf den Seiten des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (Link zur Studie, weitere Informationen, Kontakt, Downloads, ...)

Zusatzinformationen

Nachrichten aus dem Bereich Sektorübergreifend

Klimakrise gefährdet alpine Ökosysteme23.04.2024

Gebirge sind vom Klimawandel besonders betroffen: Sie erwärmen sich schneller als das Flachland. Mit …

Klimaschutz im Verkehr: zeitnahe Trendwende notwendig23.04.2024

Das Umweltbundesamt hat untersuchen lassen, wie Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr helfen, die Ziele …

Woche der Umwelt 2024 25.03.2024

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die Deutsche Bundesstiftung Umwelt laden herzlich ein …

Heinz Maier-Leibnitz-Preis geht an Leipziger Klima-Forscher Sebastian Sippel25.03.2024

Wichtige Auszeichnung für Juniorprofessor des Instituts für Meteorologie

Auf den Klimawandel reagieren21.03.2024

Der Klimawandel schreitet voran. Je nach Region unterschiedlich, sicher ist aber: Seine Auswirkungen …

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz

OK