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14.03.2017

Hitzewarnsystem jetzt mit Warnungen für Städter, ältere und erkrankte Menschen

Klima-Pressekonferenz 2017 des Deutschen Wetterdienstes

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) justiert sein 2005 bundesweit eingeführtes Hitzewarnsystem neu. Ab 1. Juni 2017 wird der DWD besonders betroffene Städter, ältere und erkrankte Menschen gezielt über Hitzegefahren informieren. Bisher wurde nur pauschal vor Risiken durch übermäßige Hitze in einzelnen Landkreisen gewarnt. „Ein Hitzewarnsystem kann durch die rechtzeitige Warnung der Bevölkerung, die gezielte Einbindung des Gesundheitswesens und vertiefte Nachbarschaftshilfe dazu beitragen, die negativen Folgen des Klimawandels abzumildern und Leben zu retten“, betont Dr. Paul Becker, Vizepräsident des DWD, bei der jährlichen Klima-Pressekonferenz des nationalen Wetterdienstes in Berlin.

Der DWD zitiert Statistiken des Rückversicherers Munich Re, denen zufolge im Zeitraum 1980 bis 2013 in Europa durch Wetterextreme rund 85 000 Menschen ums Leben kamen. Die meisten davon - etwa 75 000 - starben bei Hitzewellen. Becker: „Diese erschreckenden Zahlen zeigen: Übermäßige Hitze ist eine der größten Gefahren für das menschliche Leben - nicht nur in Entwicklungsländern, sondern auch in Deutschland.“ So forderte die Hitzewelle im Sommer 2003 allein in Deutschland rund 8 000 zusätzliche Todesopfer.

Klimaforscher erwarten künftig mehr ‚Heiße Tage‘ und Hitzewellen

Steigende Hitzebelastung für über 80-jährige 
Quelle: Steigende Hitzebelastung für über 80-jährige

Besonders alarmierend sei, dass für Deutschland - mit regionalen Unterschieden - eine deutliche Zunahme der Zahl ‚Heißer Tage‘ mit einer Tageshöchsttemperatur von mindestens 30 Grad Celsius (°C) erwartet werde. Im Extremfall könne sich deren Anzahl bis 2100 vervierfachen. Gleichzeitig dürfte die Gefahr von Hitzewellen ansteigen. Zwei weitere Faktoren tragen dazu bei, dass künftig die Bedeutung von Hitzewarnsystemen deutlich zunehmen wird. So hat das Statistische Bundesamt berechnet: Bis zum Jahr 2060 könnte der Anteil der über 80jährigen an der Gesamtbevölkerung von derzeit 5 auf dann 12 Prozent steigen (siehe Abbildung). Grundsätzlich steigen mit dem Alter die Gesundheitsrisiken durch Hitze. Der zweite Aspekt: Bereits 2011 lebten rund 75 Prozent der Deutschen in Städten. Nach Einschätzung der UNO wird sich die Verstädterung fortsetzen und damit ein wachsender Anteil der Bevölkerung von den bei Hitzewellen in Städten noch extremeren klimatischen Bedingungen betroffen sein.

Der Erfolg eines Hitzewarnsystems hänge auch davon, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger frühzeitig vor Hitzegefahren zu warnen. Der DWD setzt deshalb auf mehrere Kommunikationswege. So werden direkt tausende von Pflegeheimen, Altenheimen und Krankenhäusern informiert. Zugleich versucht der DWD die Bevölkerung dort zu erreichen, wo sie sich informiert. Becker: „Wir bauen darauf, dass Medien unser Warnungen weitergeben. Dies hat bisher gut funktioniert. Zugleich setzen wir auf Instrumente, mit denen wir die Bürger direkt erreichen können. Dazu gehören unsere Warn-Newsletter und Apps.“ Erstmals gebe es auch eine Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung von Baden-Württemberg. Das gemeinsame Ziel sei, dass Ärzte und Apotheker vom DWD umfassend informiert werden und somit die Beratung und Medikation ihrer Patienten und Kunden an die aktuelle Situation anpassen können. Schließlich kommt es darauf an, ältere Menschen nicht zu vergessen, die alleine wohnen und diese Informationswege kaum nutzen. „Wir brauchen eine neue Kultur des Umgangs mit Naturgefahren, die eigentlich eine ganz alte ist. Nachbarschaftshilfe muss wieder selbstverständlich werden.“

Seit 1881 wurde es in Deutschland im Jahresmittel um 1,4 Grad wärmer

In seiner jährlichen Wetter-und-Klima-Bilanz hob der DWD hervor, dass 2016 zwar den dritten globalen Temperaturrekord in Folge brachte und das Vorjahr auch hierzulande zu warm gewesen sei. Das Plus von 1,3 Grad in Deutschland verglichen mit dem Mittel des Zeitraums 1961-1990 brachte aber keinen Rekord. DWD-Klimaexperte Dr. Thomas Deutschländer: „Auch wenn es 2016 keinen neuen Hitzerekord und keine lang anhaltende Hitzewelle wie im Sommer 2015 gab, den bestehenden Trend zur Erwärmung stellt dies nicht in Frage.“ Seit 1881 ist es in Deutschland im Jahresmittel um 1,4 Grad wärmer geworden.

Bestimmend für das klimatologische Bild des Jahres 2016 in Deutschland seien aber Art und jahreszeitliche Verteilung der Niederschläge. Unter dem Strich war 2016 mit 701 Litern pro Quadratmeter (l/m2) etwa 7 Prozent zu trocken ausgefallen. Allerdings seien diese Niederschläge ausgesprochen ungleich verteilt gewesen. 2016 begann mit deutlichen Niederschlagsüberschüssen von 27 Prozent im Januar und 57 Prozent im Februar. Dann folgte ein trockenes Frühjahr mit einem Niederschlagsdefizit von rund 10 Prozent. Von Ende Mai bis Ende Juni kam es schließlich verbreitet zu meist lokalen, teilweise extremen Starkregenereignissen mit Sturzfluten und Überschwemmungen. In der zweiten Jahreshälfte fielen dann - mit Ausnahme des etwas zu nassen Oktobers - alle Monate zu trocken aus.

Besonders auffällig sei die ab dem 26. Mai über zwei Wochen hinweg immer wieder auftretende Großwetterlage „Tief Mitteleuropa“ gewesen. Dabei kam es in Deutschland, Frankreich und Österreich verbreitet zu Starkniederschlägen und schweren Gewittern, oft verbunden mit Überschwemmungen, Sturzfluten und Erdrutschen. In Deutschland starben 11 Menschen. Es wurden Tagesniederschlagsmengen zwischen 40 und 80 l/m2, gebietsweise auch deutlich über 100 l/m2 gemessen. Mindestens so bemerkenswert wie die 24-stündigen Niederschlagsmengen waren die 1-stündigen Niederschläge am 29. Mai. In der Zeit zwischen 19 und 20 Uhr fielen im Einzugsbereich mehrerer Bäche im Landkreis Schwäbisch Hall bis zu 90 l/m2 Regen, vereinzelt auch noch etwas mehr. Im westlicher gelegenen Braunsbach kam es infolge dessen zu einer verheerenden Sturzflut mit katastrophalen Schäden.

Simbach: 150 l/m2 Regen in zwei Tagen

Neben der Katastrophe von Braunsbach gab es in Deutschland am 1. Juni ein weiteres schwerwiegendes Sturzflutereignis. In Simbach im Landkreis Rottal-Inn erreichte die Scheitelwelle des gleichnamigen Simbach einen Wert von rund fünf Metern und damit ein Vielfaches des normalen Pegels von etwa 20 cm. In dieser Region registrierte der DWD vom Morgen des 31. Mai bis zum Morgen des 2. Juni zweitägige Niederschlagsmengen von teilweise mehr als 150 l/m2. Wie ungewöhnlich diese Niederschläge waren, zeigt der klimatologisch-statistische Blick auf die so genannten Wiederkehrzeiten oder Jährlichkeiten. Deutschländer: „Aus statistischer Sicht sollte so ein extremer Niederschlag wie in Braunsbach nur etwa alle 100 Jahre auftreten.“ Das gelte im Wesentlichen auch für die Niederschläge im Landkreis Rottal-Inn vom 31. Mai bis zum 2. Juni.


Zugleich finden Sie im YouTube-Kanal des DWD unter www.youtube.com/dwdderwetterdienst eine animierte audiovisuelle grafische Darstellung des neuen Hitzewarnsystems des DWD.






Lesen Sie dies und mehr in der Pressemitteilung zur Klimapressekonferenz:


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