19.04.2018
CEN: Erstmals verlässliche Drei-Monats-Prognosen für Winter in Europa möglich
Mit einer ganz neuen Methode kann die Qualität der saisonalen Vorhersagen für den Winter in vielen Teilen Europas deutlich erhöht werden. Bisher konnten vor allem für die Tropen brauchbare Vorhersagen gemacht werden. Ein Team um Dr. Mikhail Dobrynin und Prof. Dr. Johanna Baehr vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg hat jetzt die Ergebnisse veröffentlicht.
Fahrräder im Winter
Quelle: pixabay - CC0 Creative Commons
Drei-Monats-Prognosen – auch Jahreszeiten-Vorhersagen oder saisonale Vorhersagen genannt – geben einen Durchschnittswert für das Wetter in den nächsten drei Monaten an. Mit verbesserter Zuverlässigkeit könnten sie wichtige Daten für Landwirtschaft und Industrie liefern.
Doch der Winter über Europa galt bisher als kaum vorhersagbar, die so genannte Nordatlantische Oszillation (kurz NAO) als zu chaotisch. Doch gerade dieses typische Zusammenspiel von Island-Tief und Azoren-Hoch hat auf den Winter in vielen Teilen Europas einen besonders starken Einfluss. Dies machte sich das Team um Dobrynin zunutze. Die NAO funktioniert wie ein Schalter, der jeweils den Weg der Luftströmungen über dem Atlantik beeinflusst. Kann man vorhersagen, wie der Schalter steht, erhalten wir Hinweise auf das zukünftige mittlere Wetter in Europa.
"Zum ersten Mal sehr gute Trefferquote"
Mit einem neuen Verfahren kann Dobrynin die Schalterphasen der NAO erstmals viel sicherer vorhersagen: Wie die Auswertung der Winter von 2001 bis 2017 zeigte, haben sich die Prognosen in mehr als 50 Prozent der Fälle verbessert. Dies ist damit weltweit das erste Mal, dass eine Prognose für Europa eine ähnlich hohe Qualität wie für die Tropen erreicht.
„Zwar gibt es schon länger internationale und deutsche Projekte zu saisonalen Vorhersagen, doch bisher waren die Ergebnisse kaum besser, als wenn wir geraten hätten“, so Dobrynin. „Jetzt erreichen wir zum ersten Mal eine sehr gute Trefferquote.“
Großer Qualitätssprung durch Telekonnektionen
Der Ozeanograf bezieht dafür so genannte Telekonnektionen mit ein. Dies sind bestimmte Regionen rund um den Globus verstreut, die eine deutliche Verbindung zum mittleren Wetter einer anderen Region der Erde haben. So beeinflusst zum Beispiel die Schneedicke in Sibirien im Oktober den kommenden Winter in Europa, ebenso wie der Nordatlantische Ozean oder höhere Luftschichten über der Arktis. Telekonnektionen sind schwer zu identifizieren und verändern sich noch dazu im Laufe der Zeit. Einbezogen in Drei-Monats-Vorhersagen können sie diese aber offenbar viel genauer machen – und sind damit potenziell als neues Werkzeug für bessere Prognosen weltweit geeignet.
In einem europäischen Projekt wird Dobrynin jetzt die neue Methode in vier unterschiedliche Prognose-Systeme einbauen. Damit kann das neue Werkzeug demnächst in Echtzeit getestet und verglichen werden. Eines der Systeme ist das German Climate Forecast System, das ebenso wie die neue Methode von der Universität Hamburg, dem Max-Planck-Institut für Meteorologie, der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich und dem Deutschen Wetterdienst gemeinsam entwickelt wurde.
Dieser Beitrag von Stephanie Janssen ist erstmals erschienen auf den Seiten des Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg.
Fachartikel
Dobrynin M., Domeisen D. I. V., Müller W. A., Bell L., Brune S., Bunzel F., Düsterhus A., Fröhlich K., Pohlmann H., Baehr J. (2018): Improved teleconnection-based dynamical seasonal predictions of boreal winter. Geophysical Research Letters, 43. (https://doi.org/10.1002/2018GL077209)
Lesen Sie dies und mehr auf den Seiten des Centrums für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg (Links, Kontakt, ...)
Mehr zu Saisonalen Klimavorhersagen bzw. Jahreszeitenvorhersagen auf den Seiten des DWD (Projektbeschreibung)
Zur Aktuellen Jahreszeitenvorhersage auf den Seiten des DWD
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