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17.10.2017

Europäische Umweltagentur: Europa rüstet sich für den Klimawandel - Koordinierung ist der Schlüssel zur Minderung der Gefahren extremer Wetterbedingungen

Eine stärkere Vernetzung der Experten, die sich mit der Anpassung an den Klimawandel sowie der Katastrophenvorsorge befassen, ist angesichts der jüngsten verheerenden Extremwetterereignisse innerhalb und außerhalb Europas wichtiger denn je. Die Intensivierung der Zusammenarbeit – einschließlich einer verbesserten Abstimmung der politischen Strategien – wird für die Minimierung der Folgen klima- und wetterbedingter Gefahren, wie Hochwasser, Hitzewellen, Waldbrände oder Sturmfluten, entscheidend sein. Einem Bericht zufolge, den die Europäische Umweltagentur (EUA) heute veröffentlicht hat, kann durch kohärentere Maßnahmen und innovative Methoden besser mit solchen Extremereignissen umgegangen werden.

EEA Report Climate change adaptation and disaster risk reduction in Europe - Cover 
Quelle: European Environment Agency Quelle: European Environment Agency

In ihrem Bericht „Climate change adaptation and disaster risk reduction in Europe — enhancing coherence of the knowledge base, policies and practices“ [Anpassung an den Klimawandel und Katastrophenvorsorge in Europa – Verbesserung der Kohärenz der Wissensgrundlage, der politischen Strategien und der Implementierung] untersucht die EUA nicht nur die derzeitige Praxis und den aktuellen Wissensstand, sondern beleuchtet zugleich neue, innovative Instrumente, die von nationalen, regionalen und lokalen Behörden im Kampf gegen die Folgen wetter- und klimabedingter Gefahren eingesetzt werden.

„Das Ausmaß der Zerstörung durch Waldbrände, Hochwasserkatastrophen und Sturmfluten, nicht nur in Europa, sondern auch in anderen Teilen der Welt, hat uns gezeigt, dass die Kosten, die durch Nicht-Handeln in Bezug auf den Klimawandel sowie für Anpassung und Vorsorge entstehen, extrem hoch sind. Die Risikominderung ist ebenso wichtig wie wirksame Maßnahmen vor, während und nach einer Katastrophe. Unser Bericht macht deutlich, dass die Länder in Europa zwar bereits Vorsorgemaßnahmen getroffen haben, dass jedoch durch eine verbesserte Abstimmung der Maßnahmen zur Verbesserung der Resilienz und zur Minderung der Risiken noch sehr viel mehr zu gewinnen wäre. Dies sollte das wichtigste Ziel der Experten für Anpassung an den Klimawandel und Katastrophenvorsorge sein“, erklärt Hans Bruyninckx, Exekutivdirektor der Europäischen Umweltagentur.

Extreme Wetterbedingungen treten immer häufiger auf und sind sehr kostspielig

Die Verringerung der Auswirkungen gefährlicher wetter- und klimabedingter Extremereignisse und die Anpassung an das sich verändernde Klima sind zu obersten Prioritäten für die Europäische Union geworden. Der Bericht nimmt Bezug auf 10 bedeutende Naturkatastrophen in Europa, darunter Hitzewellen, Starkregen, Hochwasser, Stürme, Erdrutsche, Dürren, Waldbrände, Lawinen, Hagel und Sturmfluten. Diese Ereignisse wirken sich stark auf die Gesundheit der Menschen, die Wirtschaft und die Ökosysteme in den betroffenen Gebieten aus. Weitere Faktoren, wie die zunehmende Bodenversiegelung, Bauprojekte in gefährdeten Gebieten, eine alternde Bevölkerung oder die Degradierung von Ökosystemen, können die schädigende Wirkung dieser Ereignisse noch verstärken.

Klimaprojektionen machen deutlich, dass Häufigkeit und Intensität der meisten dieser Gefährdungen in den kommenden Jahrzehnten in Europa weiter zunehmen werden.

Die gesamtwirtschaftlichen Schäden durch Wetter- und Klimaextreme in den 33 EUA-Mitgliedstaaten, die im Zeitraum 1980-2016 gemeldet wurden, beliefen sich auf insgesamt mehr als 450 Mrd. EUR. Der größte Teil dieser wirtschaftlichen Auswirkungen wurde durch Hochwasserkatastrophen verursacht (rund 40 %), gefolgt von Stürmen (25 %), Dürren (rund 10 %) und Hitzewellen (rund 5 %). Der Versicherungsschutz für all diese Gefahren liegt insgesamt bei etwa 35 %. Ein hoher Anteil der entstandenen Verluste entfiel auf einige wenige Ereignisse. Im Hinblick auf die Folgen für die menschliche Gesundheit ist die Mortalitätsrate bei Hitzewellen am höchsten; insbesondere Risikogruppen wie ältere Menschen sind gefährdet, da z. B. Erkrankungen der Atemwege und des Herz-Kreislauf-Systems durch Luftverschmutzung noch verschlimmert werden können. Auch bei Hochwasser, Erdrutschen und Waldbränden führen zu Todesfällen, allerdings in geringerem Ausmaß als bei Hitzewellen.

Innovation und Zusammenarbeit sind der Schlüssel zum Erfolg

In dem Bericht werden neue Governance-Modelle für die Zusammenarbeit zwischen nationaler und lokaler Ebene sowie zwischen verschiedenen Sektorpolitiken über europäische Grenzen hiweg in Europa vorgestellt. Diese sehen sowohl Strategien zur Raumplanung und Risikoprävention als auch technische Maßnahmen wie die Erhöhung von Deichen, Versicherungssysteme und eine langfristige Finanzierung sowie „natur-basierte“ Lösungen vor. Bei sorgfältiger Durchführung sind derartige Projekte sehr wirkungsvoll und kosteneffizient und führen zu Mehrfachnutzen. Beispiele für solche Projekte sind Flussbettverbreiterungen, um so die Gefahr von Überschwemmungen zu senken, Agroforstprojekte zur Verringerung der Bodenerosion sowie das Anlegen von Grünanlagen und Wasserbecken in Städten, die im Sommer für Abkühlung sorgen und bei Starkregen einen Teil des Niederschlags auffangen. Solche Bestrebungen können zudem die biologische Vielfalt und die Lebensqualität der Menschen verbessern.

Dem Bericht zufolge spielt die Zusammenarbeit der betreffenden Akteure eine Schlüsselrolle für den Erfolg. So arbeiten beispielsweise in den Niederlanden Regierung, Wasserverbände, Provinzen und Kommunen im Rahmen des Delta-Programms gemeinsam an einer klimasicheren Wasserwirtschaft. Auch die Versicherungsdienstleister können zur Resilienz gegenüber Extremereignissen beitragen. Dies zeigen Beispiele aus Spanien, Frankreich und dem Vereinigten Königreich, wo Anreize für die Risikoprävention geschaffen wurden und das Bewusstsein der Bürger für klimabedingte Gefahren gefördert wurde. EU-weiten sowie globalen Städte-Netzwerken kommt ebenfalls eine hohe Bedeutung zu, da sie den Aufbau von Kapazitäten für Maßnahmen sowohl zur Anpassung an den Klimawandel als auch zur Katastrophenvorsorge unterstützen.

Weiteres Engagement erforderlich

  • Um die Resilienz weiter zu stärken, könnten die Strategien zur Anpassung an den Klimawandel und zur Katastrophenvorsorge noch besser integriert werden.
  • Mehr Länder könnten die Vulnerabilität gegenüber dem Klimawandel und die Risiken auf nationaler Ebene umfassend analysieren und bewerten bzw. ihre Einschätzungen auf den aktuellen Stand bringen.
  • Klimadienste (wie z. B. die EU Copernicus Climate Services), die klimarelevante Daten und Projektionen bereitstellen, könnten ihre Tätigkeit noch stärker mit der Katastrophenvorsorge abstimmen. Verbessertes Wissen über die wirtschaftlichen Kosten von Naturkatastrophen spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Auch nationale online Wissensplattformen und Plattformen zur Koordinierung verschiedener Interessengruppen können dazu beitragen, die Kommunikation und den Informationsaustausch zu verbessern.
  • Aktivitäten zu Monitoring, Berichterstattung und Evaluierung politischer Konzepte und Maßnahmen werden verstärkt durchgeführt; es gibt jedoch Spielraum nach oben, und beide Bereiche Politikbereiche können von den Erkenntnissen aus Politkevaluierungen profitieren.
  • Die EU stellt zwar Mittel für Katastrophenvorsorge- und Anpassungsmaßnahmen bereit, der Zugang zu diesen Mitteln und deren Verwendung, beispielsweise für „naturbasierte“ Lösungen, ließe sich allerdings noch optimieren.

Lesen Sie dies und mehr auf den Seiten der Europäischen Umweltagentur EEA (Kontakt, Link zur Studie, …)

Zum Report auf den Seiten der Europäischen Umweltagentur EEA (in Englisch; zu PDF-Download, Bestellung Druck-Exemplar, Links, …)

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